Unser Logo

Ein Suzani und Serdar

Unser Logo ist ein Ausschnitt aus einem Suzani, einer Stickerei aus Usbekistan. Wie es aus unserem Garderobenvorhang auf unsere Visitenkarten und unser Geschenkpapier kam, lesen Sie hier.

 

Nachdem auf unseren Visitenkarten fünfzehn Jahre lang lediglich ein Schriftzug zu sehen war, beschlossen wir, uns ein Logo zuzulegen. Es sollte mit der türkisch-zentralasiatischen Kultur zu tun haben, irgendwie handwerklichen Charme ausstrahlen und wenn möglich den Kreislauf des Lebens symbolisieren. Bezeichnet doch «Fanafillah», vereinfacht gesagt, im Sufismus die Erkenntnis, dass alles von Allah kommt und wieder zu ihm zurückkehrt.

Was lag näher, als Motive auf all den Kelims, Textilien, Stickereien, Keramik- und Metallwaren zu suchen, die wir im Laden hatten. Wir fotografierten alle möglichen Ausschnitte aus Decken und Schals, Wandbehängen und Tabletts, Schalen und Dosen. Da waren die türkischen Tulpen und Nelken, abstrakte Teppichmuster, usbekische Sonnen aller Art. Alle auf ihre Art schön und doch konnten sie uns nicht ganz überzeugen. Fündig wurde wir schliesslich zu Hause: auf einem alten Suzani, einer usbekischen Handstickerei, die wir vor unser Garderobenregal gehängt und deren Motive wir eigentlich jeden Tag vor Augen gehabt hatten.

Die usbekische Stickerei, aus dem wir das Logo genommen haben

Wir hatten jetzt also ein Foto eines möglichen Motivs und eine vage Vorstellung von Visitenkarten, Stickers in verschiedenen Grössen, einem Stempel, Taschen und Geschenkpapier. Was wir noch brauchten, waren ein Grafiker und eine Druckerei. Während unserer Einkaufsreise in Konya im Herbst 2005 fuhren wir auf gut Glück ins Druckereiviertel der grossen Industriegelände vor den Toren der Stadt und fragten herum. Schliesslich empfahl uns jemand einen Grafiker namens Serdar und sein Atelier «Grafia Matbaa hizmetleri». Wir fanden nach längerer Irrfahrt einen schüchternen jungen Kerl an einem überladenen Schreibtisch auf einer Art Treppenabsatz im ersten Stock eines unscheinbaren Gebäudes. Er füllte grad irgendwelche Daten in einen Kalender, den ein geduldig wartender Metzger seinen Kunden zum Neujahr überreichen wollte.

Ein Pantonefächer in der anatolischen Vorstadt
Der junge Grafiker Serdar vor dem Computer

Das ganze Ambiente, der altmodische Computer, die abgewetzte Tastatur stärkten unser Vertrauen in die Fähigkeiten Serdars nicht wirklich. Versuchen wollten wir es trotzdem, vertrauend auf jahrelange Erfahrung in der beruflichen Zusammenarbeit mit Grafikern und einigen Kenntnissen des Faches. Nachdem der Metzger nach einem Glas Tee abgezogen war, breiteten wir Serdar unsere Ideen aus. Ob er ein Motiv freistellen könne? Ob er die Benguiat-Fonts für unseren Schriftzug habe? Ob wir in einem Pantonefächer eine Farbe bestimmen könnten? Serdar schaute uns etwas verwirrt an. Aber selbstverständlich verfüge er über alles Nötige, das sei doch sein Beruf.

Und während wir im internationalen Farbmisch-Standard-Verzeichnis unser Bordeaux 207 C bestimmten, löste Serdar in Windeseile das Pflanzenmotiv aus seinem Hintergrund, setzte unseren Schriftzug darunter, entwarf eine Visitenkarte. Dann liess er uns die gewünschten Textzeilen tippen und aus mindestens fünf Katalogen festes Papier aussuchen. Unterdessen telefonierte er mit der Druckerei im Erdgeschoss, fragte nach Preisen für selbstklebende Sticker in drei verschiedenen Grössen und nach Möglichkeiten, Geschenkpapier zu drucken. Gemeinsam versuchten wir dann, unser neu entstandenes Logo so über einen Papierbogen zu verteilen, dass das Resultat etwas an die althergebrachten türkischen Einwickelpapiere erinnerte. Dazwischen gabs Tee und die Anfrage, ob wir vielleicht etwas essen wollten, Kebab beispielsweise oder Börek.

Visitenkarten und Logo-Sticker

Das Ganze dauerte knappe zwei Stunden. Am Ende hatten wir eine CD mit allen Daten in der Hand und die Zusicherung, dass wir in zwei Tagen Visitenkarten, Sticker und Geschenkpapier abholen könnten. Ach ja, einen Stempel könne er auch noch besorgen, meinte Serdar, nur das Bedrucken von Taschen aus Packpapier, das müssten wir in Istanbul organisieren. Und wenn wir je wieder einen Nachdruck bräuchten, sollen wir doch einfach anrufen oder mailen. Er habe ja alles gespeichert.

Erstaunt, verwirrt und glücklich stolperten wir wieder ins Freie und schauten uns fassungslos an. Gekostet hatte das Ganze nämlich lediglich so viel, wie wir hierzulande wohl für eine erste Vorbesprechung ausgegeben hätten.