Katzen in Istanbul
Katzen begegnet man in Istanbul auf Schritt und Tritt. Sie sitzen auf Mauern oder vor Imbissstuben, liegen in Blumenbeeten oder auf Parkbänken. Und sie ziehen ihre Jungen in Kartonschachteln gross, die Händler oder Quartierbewohnerinnen für sie bereit gestellt haben.
Wir lieben Katzen. Istanbuls Bewohnerinnen und Bewohner auch. Sie verteilen ihre Zuneigung auf unzählige grosse und kleine, wilde und scheue, aufgeweckte und tolpatschige Tiere. Bei jeder Istanbulreise sehen wir an den immer gleichen Orten kleine Futter- und Wassernäpfe stehen. Jedes Restaurant und jeder Fischhändler füttert regelmässig seine vierbeinigen Stammgäste. Im alten Buchbasar zwischen dem Gedeckten Basar und der Universität wachsen seit Jahrzehnten jeden Frühling und jeden Herbst Dutzende von Katzenbabys in liebevoll mit Papierschnitzeln ausgepolsterten Versandkartons auf. Und bei unserem Pestemal-Händler Süleyman wohnte viele Jahre lang eine weisse Van-Katze mit zwei verschiedenfarbigen Augen zwischen den weichen Wolldecken und Baumwolltüchern.
Die grosse Katzenliebe in der islamischen Türkei mag auch damit zusammenhängen, dass sich um den Propheten Muhammed und seine geliebte Katze Müezza verschiedene Legenden ranken. So soll er einmal die Ecke seines Mantels abgeschnitten haben, auf dem Müezza schlief, um sie nicht zu stören, als er aufstehen musste. Die auf jedem Katzenköpfchen zu findenden vier Stirnlinien sollen Abdrücke seiner streichelnden Hand sein. Eine weitere Katze, so sagt man, habe eine giftige Natter vertrieben, die den Propheten beissen wollte. Daraufhin habe ihr der Prophet voller Dankbarkeit über den Rücken gestreichelt. Und seither falle keine Katze mehr auf den Rücken, sondern immer auf die Füsse.